Brandschutzplanung und energieeffizientes Bauen

Anastasia Dimitriadou | 8. Dezember 2023

Hochhäuser sind beeindruckende Symbole der modernen Architektur. Sie haben das Potenzial, sowohl Energieverbraucher als auch Energieerzeuger zu sein. Diese städtischen Ikonen können einen erheblichen Einfluss auf den Energieverbrauch und die globale Erwärmung haben. Gleichzeitig bieten sie jedoch die Möglichkeit, durch innovative Fassadengestaltung Energieeffizienz zu fördern und sogar Energie zu erzeugen, insbesondere durch den Einsatz von Solarfassaden oder begrünten Fassaden.
Die Herausforderungen brennbarer Fassaden
In der Schweiz gibt es einen auffälligen Trend: die zunehmende Planung von Hochhäusern mit brennbaren Fassaden. Dies ist besonders bei Wettbewerben zu erkennen, bei denen Projekte mit solchen Fassaden oft als spektakulärer gelten und als Sieger hervorgehen. Diese Entscheidungen sind im Einklang mit dem Bestreben, die LEED-Standards zu erfüllen und die Nachhaltigkeit im Bauwesen zu fördern.
Die VKF-Brandschutzrichtlinie legt jedoch eindeutig fest, dass die Aussenwände und Aussenwandbekleidungssysteme von Hochhäusern aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen müssen. Diese Vorschrift schliesst Fassaden aus Holz, PV-Modulen oder Begrünung aus. Doch gibt es Möglichkeiten, Hochhäuser mit brennbaren Fassaden dennoch zu realisieren? Dies wäre zweifellos eine Abweichung vom Standardkonzept, bei dem die Schutzziele durch vorgeschriebene Massnahmen erreicht werden, insbesondere durch nicht brennbare Fassaden.
Bei Hochhausfassaden stehen insbesondere zwei Herausforderungen im Vordergrund. Erstens: Ab einer bestimmten Höhe ist eine Feuerwehrintervention an der Fassade nicht mehr möglich. Wenn ein Feuer an einer Fassade über diese Höhe hinausgeht, wird es äusserst schwierig, das Feuer zu löschen und die Flammen zu kontrollieren. Dies kann zu einer raschen Brandausbreitung zwischen den Stockwerken führen.
Weiterhin muss bei brennbaren Fassaden die Auswirkung der brennbaren Materialien (sei es Holz, Begrünung oder die PV-Verkabelung) als zusätzliche Brandlast berücksichtigt werden, da sie zu einer potenziell höheren Intensität des Brandereignisses führen können.
Die Herausforderung besteht darin, zu ermitteln, welche alternativen Brandschutzmassnahmen die Schutzziele für jedes Hochhausobjekt gleichwertig erreichen können. Dies erfordert eine gründliche Analyse und die Berücksichtigung objektspezifischer Merkmale.
In jedem Fall ist es entscheidend, dass die Brandschutzplanung eng mit Architekten, Bauingenieuren und anderen Fachleuten zusammenarbeitet, um massgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, welche die Nachhaltigkeit und die Sicherheit von Hochhäusern gleichermassen berücksichtigen.
Die Bedeutung der frühzeitigen Brandschutzplanung
Ein altbekanntes Sprichwort besagt: «Wenn man es nicht schafft, zu planen, plant man, es nicht zu schaffen.» Dies trifft auch auf die Brandschutzplanung zu, insbesondere in Projekten, in denen brennbare Fassaden eine Rolle spielen. Die frühzeitige Brandschutzplanung ist von entscheidender Bedeutung, da sie dazu beiträgt, Risiken zu minimieren und eine schnelle und effektive Reaktion auf Herausforderungen zu gewährleisten.
Um einen optimalen Projektablauf zu gewährleisten, ist es unerlässlich, die projektspezifischen Schwerpunkte so früh wie möglich zu berücksichtigen und in die Planung einzubeziehen. Dies gilt insbesondere für Projekte, die brennbare Fassaden verwenden möchten. Die Identifikation potenzieller Risiken und die Entwicklung geeigneter Lösungen sollten bereits in der Planungsphase beginnen.
Eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden ist ein wesentlicher Bestandteil der frühzeitigen Brandschutzplanung. Es ist wichtig, die Behörden so früh wie möglich über das Projekt zu informieren, um eventuelle Unklarheiten zu beseitigen und potenzielle Schwachstellen im Brandschutzkonzept im Vorfeld zu erkennen. Bereits in der Vorprojektphase sollten die projektspezifischen Schutzziele definiert werden. Dies ermöglicht eine effektive, zielgerichtete Brandschutzplanung.
Konkrete Schritte für die frühzeitige Planung gemäss Brandschutznorm
Um die frühzeitige Planung eines Projekts nach Artikel 11 der Brandschutznorm zu erleichtern, können folgende Schritte unternommen werden:
  • Definition der Schutzziele: Die Definition der Schutzziele sollte in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde erfolgen, um Planungssicherheit zu schaffen.
  • Nutzung von Planungshilfen und Erfahrung: Es ist wichtig, Planungshilfen und Erfahrungen aus der Schweiz und dem Ausland zu nutzen, um gemeinsam mit der Brandschutzbehörde geeignete bauliche, technische und organisatorische Massnahmen für die Erreichung der Schutzziele zu definieren.
  • Entwicklung eines bewilligungsfähigen Konzepts: Wenn die objektspezifischen Schutzziele erreicht werden können, kann ein Konzept nach Artikel 11 erstellt werden.
  • Alternative Konzepte: Wenn es unmöglich ist, die Schutzziele zu erreichen, und Brandversuche oder Simulationen im Projekt notwendig sind, sollte ein Konzept nach Artikel 12 mit Nachweisverfahren verfolgt werden.
Verfügbare Planungshilfen
Es gibt momentan wenige Planungshilfen, die in der Brandschutzplanung für Projekte mit brennbaren Fassaden genutzt werden können. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, brennbare Hochhausfassaden sorgfältig zu planen und sich dabei auf bewährte Planungshilfen und Fachwissen zu stützen. Derzeit wird noch das VKF-Merkblatt zum Thema «Begrünte Fassaden» überarbeitet. Im Oktober 2023 plant Swissolar das Übergangsdokument zur Planung von PV-Fassaden zu veröffentlichen, im Jahr 2024 das entsprechende «Stand der Technik»-Papier.
Zusammenfassung
Brennbare PV-, Holz- und begrünte Fassaden sind entscheidend für die zukünftige Energieeffizienz. Ihre frühzeitige und angemessene Brandschutzplanung ist der Schlüssel, um sowohl die Nachhaltigkeit unserer Gebäude als auch die Sicherheit unserer Gemeinschaften zu gewährleisten. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden, die Festlegung von objektspezifischen Schutzzielen und die Nutzung vorhandener sowie die Entwicklung neuer Planungshilfen. Die Bedeutung der Kooperation von Architekten, Brandschutz- und Energieexperten sowie anderen Fachleuten kann nicht genug betont werden. Nur durch das harmonische Zusammenspiel dieser vielfältigen Expertisen kann man in der Zukunft sowohl Energieeffizienz als auch Brandsicherheit auf höchstem Niveau gewährleisten.

Zur Autorin: Anastasia ­Dimitriadou MSc Bauingenieurin, Brandschutzexpertin VKF, Master of Advanced Studies in Fire Safety Engineering ETHZ, Senior-Projektleiterin Brandschutz bei der Amstein + Walthert AG.